Gemeindebrief Jahrgang 26, Ausgabe 103, Juni 2020

Gemeindebrief, Jahrgang 26, Ausgabe 103
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Geleitwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

Sie sehen auf der Titelseite dieser Ausgabe, unseres vielleicht lang ersehnten Gemeindebriefes einen Golfplatz am See Genezareth bei Tabgha in der Nähe der Brotvermehrungskirche, der heute nach Markus 8, 10 als Dalmanutha bezeichnet wird. Einige unserer Gemeindeglieder kennen diesen Ort. Denn genau dort haben wir letztes Jahr einen ökumenischen Gottesdienst mit Abendmahl gefeiert, den wohl kaum einer der Teilnehmer je vergessen wird und auch Ich war zutiefst bewegt. Aber niemand aus unserer Reisegruppe hätte sich damals vorstellen können, dass es genau ein Jahr später keine einzige Kirche in ganz Deutschland geben wird, in der Christenmenschen das Osterfest feiern können, ja das es überhaupt wochenlang untersagt ist, Gottesdienst in einer Kirche zu feiern. Auch unser Gottesdienst vor einem Jahr am See Genezareth währe heute so nicht möglich, obwohl er im Freien stattfand denn auch im heiligen Land Israel ist diese Pandemie ausgebrochen, die uns und die ganze Welt jetzt schon monatelang in Atem hält und uns wohl noch länger beschäftigen wird. Das Corona Virus hat unser Leben empfindlich unterbrochen. Wir haben gespürt, dass es Dinge gibt, die wir nicht so einfach in den Griff bekommen. Alle, die entscheiden müssen, haben nicht einfach und schnell ein griffiges Konzept in der Tasche.

Israel hat seine Grenzen dicht gemacht und damit auf die Einnahmen aus der Tourismusbranche quasi verzichtet. Ein schwerer Schlag für dieses Land. Und auch bei uns in Europa, Deutschland, wurden Grenzen geschlossen die Wirtschaft heruntergefahren und den Bürgern zur Eindämmung des Virus eine wochenlange Kontaktsperre auferlegt. Eine harte Prüfung für uns alle mit der Aussicht auf eine schwere Rezession. Aber die Gefahr einer Ansteckung mit diesem listigen, hinterhältigen Virus war und ist immer noch groß. Denn Menschen können daran sterben, und zwar qualvoll, wie alle betonen. Da fand ich es schon sehr zynisch, wie ein Experte im Fernsehen behauptete, dass das alles ja meist ältere Menschen, zu denen auch ich gehöre, mit einer erheblichen Vorerkrankung, ja zu denen auch ich gehöre, gewesen seien. Als ich das hörte, dachte ich, tja, offenbar ist das für den gar nicht schlimm. Ich fand diesen Satz beschämend. Denn er wirft ein Licht auf unsere Gesellschaft und auf die Fehlentwicklungen, die sich längst vollzogen haben und nun deutlich sichtbar zutage treten. Aber wir dürfen auf keinen Fall als Christen vergessen, die es jetzt schon gespannt besonders schwer haben. Das sitzt jemand alleine in seiner Wohnung und fühlt sich abgeschnitten und isoliert von allen. Da wird jemand beatmet und kein Angehöriger darf in seine Nähe und fürchtet ein einsames sterben. Da wissen viele nicht, wie es danach, wenn alles überstanden ist, wirtschaftlich weitergehen soll, weil die Betriebe geschlossen sind oder alles nur eingeschränkt läuft: in der Gastronomie, im Handwerk, in Unternehmen und Einrichtungen. Da ist viel Geduld gefragt. Auch im kirchlichen Bereich. Mit Aktionismus kommen wir hier nicht weiter. Denn entgegen unserer Botschaft heißt es jetzt erst einmal Abstand halten und Maske aufsetzen. Auch in unseren Gottesdiensten, die wir Gott sei Dank wieder hochfahren dürfen. Aber nicht in einem Schnellstart. Zu gravierend waren die Einschnitte: keine Konfirmation, keine Gottesdienste in der Karwoche, keine an den Ostertagen, keine Jubelkonfirmationen, an Himmelfahrt kein Grafschaftsgottesdienst, Traugottesdienste wurden ins nächste Jahr verlegt, keine Taufen, nichts. Immerhin die Glocken haben uns daran erinnert, dass jetzt eigentlich Gottesdienst wäre und uns eingeladen, inne zu halten, vielleicht ein Gebiet zu sprechen oder darüber nachzudenken, an welcher Wegmarke ich mich in meinem Leben gerade befinde. Und wenn ich gerade in einer Sackgasse feststecke, könnte diese schwierige Phase auch eine Chance sein. Denn jede Krise birgt auch in sich eine Chance.

Während ich dies schreibe, wird in vielen Ländern dieser Erde fieberhaft nach einem wirksamen Impfstoff geforscht. Wie lange das dauert und was die Zukunft bringt, weiß kein Mensch. Ich weiß nur, dass der Schöpfer aller Dinge, der Vater Jesu Christi alles zu einem guten Ende führen wird. Ihm dürfen wir uns anvertrauen. So wünsche ich uns allen einen hoffentlich angenehmen Sommer und gute Gesundheit. Dazu möchte ich Gott um Kraft und zum Durchhalten.

Oh Gott, es gibt so vieles das ich nicht weiss. Es gibt vieles das ich nicht durchschaue. Es gibt vieles das ich nicht in der Hand habe. Wenn ich mich ohnmächtig fühle, will ich einmal tief durchatmen und darauf Vertrauen, dass ich nicht das ganze bewältigen muss, sondern das tun kann was mein Part ist. Wenn ich verunsichert bin, will ich einmal tief durchatmen und darauf Vertrauen, dass ich nicht alleine bin und daß unsere Weisheit gemeinsam reicher ist. Wenn ich Angst habe, will ich einmal tief durchatmen unter darauf Vertrauen, dass ich nicht aus Gottes Nähe heraus Falle, sondern dass Gottes Geist mir nahe ist. Was ich weiß, ist: Mein Leben, meine Liebe und meine Würde reichen so viel weiter als das, was ich leisten oder tun kann. Was ich sehen kann, ist: Nach jedem Winter kommt der Frühling und neues Leben wächst aus dem kalten Erdboden. Was ich kann: Tief durchatmen und dieser Welt Liebe einflößen, die sie so dringend braucht. Ein jeder auf seine Art und jeder auf seinem Platz. Dazu bitte ich um deinen Beistand guter Gott. Amen.

Ihr Pfarrer Reinhold Völler